Im Jahr 2027 jährt sich der Gründungstag der Alten Mainzer Universität zum 550. Mal. Obwohl die Mainzer Universität – anders als andere im 15. Jahrhundert gegründete Hochschulen – keine durchgängige Kontinuität vorweisen kann, macht vielleicht gerade das ihre Geschichte so spannend. 

Gegründet wurde die “kurfürstlich-mainzische hohe Schule” vom Mainzer Erzbischof, Kurfürst und Erzkanzler der Deutschen Nation Diether von Isenburg (1412-1482). Bereits sein Vorgänger, Erzbischof Adolf II. von Nassau (1423-1475), hatte einen Versuch unternommen, in Mainz eine Universität einzurichten. Sein Bittgesuch erhielt am 31. Juli 1469 die Zustimmung von Papst Paul II. (1417-1471), unter der Bedingung, dass die Besoldung der Professoren nicht aus direkten Mitteln des Kurfürsten, sondern aus kirchlichen Einnahmen gesichert werden sollte. Das Vorhaben Adolfs scheiterte jedoch – bedingt durch die Verhältnisse nach der Mainzer Stiftsfehde (1459-1463) und insbesondere durch fehlende finanzielle Mittel.

Nach dem Tod Adolfs II. von Nassau wählten die Mainzer Domherren Diether von Isenburg erneut zum Erzbischof, obwohl Papst Sixtus IV. (1414-1484) sich ausdrücklich gegen diese Wahl ausgesprochen hatte. Bereits im darauffolgenden Jahr entsandte Diether eine Gesandtschaft mit einer Bittschrift nach Rom, in der dargelegt wurde, dass die studia litterarum dem Aufbau des katholischen Glaubens, der Pflege der Gerechtigkeit sowie dem Gedeihen der öffentlichen und privaten Wohlfahrt dienen sollten. Tatsächlich wurde die Gründungsurkunde direkt während der Anwesenheit der erzbischöflichen Gesandtschaft in Rom ausgefertigt und so konnte Diether von Isenburg am 1. Oktober 1477 zur Eröffnung der Mainzer Universität laden. Der Hof „Zum Algesheimer“ diente als erstes Universitätsgebäude. 

Bereits in ihrer Anfangszeit konnte sich die neu gegründete Universität einen guten Ruf erarbeiten – nicht zuletzt durch das Wirken von Dietrich Gresemund dem Jüngeren (1477-1512), der als „Vater des Mainzer Humanismus“ bezeichnet wird und mit seiner Lehrtätigkeit an der Juristischen Fakultät in den Jahren 1504/05 die wissenschaftlichen und literarischen Bestrebungen in Mainz maßgeblich anregte. Die Prägung der Mainzer Universität durch den Humanismus wurde auch durch die Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Geschichte Anfang des 16. Jahrhunderts durch den Kirchenrechtler Ivo Wittich (1456-1507) gefördert – des einzigen seiner Art im gesamten Reich. Auch der Gelehrte Florentius Diel (1473- nach 1518), der in der Frühphase der Universität als Professor und Dekan tätig war, engagierte sich intensiv in den humanistischen Debatten seiner Zeit. In dieser ersten Phase des Humanismus, die bis zum Regierungsantritt des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg (1490-1545) 1514 reichte, florierte das humanistische Gedankengut an der Universität. Es stand damit in Kontrast zur scholastischen Methode und wurde unter anderem zum Schauplatz der Auseinandersetzungen des Humanisten Johann Reuchlin (1455-1522) während seiner literarischen Debatte mit dem Juden Johann Pfefferkorn (1469-1521). 


Durch die Verwicklung des Mainzer Erzbischofes Albrechts von Brandenburg in den Ablassstreit und den Thesenanschlag Martin Luthers (1483-1546) 1517 geriet die noch junge Mainzer Universität rasch ins Fadenkreuz der Reformation.  

Auch Mainzer Dozenten waren in die Geschehnisse um das Jahr 1517 eingebunden. Sie verfassten ein Gutachten, in dem sie Luthers Thesen verurteilten und es dem Erzbischof überreichten. Dieser hatte jedoch bereits zuvor beschlossen, die Thesen an die römische Kurie weiterzuleiten. Durch den Einfluss des Dompredigers und Professors Wolfgang Fabricius Capito (1478-1541) zögerte Albrecht von Brandenburg lange Zeit, entschieden gegen die Reformationsbewegung vorzugehen. Erst nach Capitos Weggang erließ der Erzbischof am 6. September 1523 einen Erlass, der sich auf die Beschlüsse des Nürnberger Reichstags vom 6. März desselben Jahres berief und den Geistlichen lutherische Predigten wie auch das Lesen lutherischer Schriften untersagte. Besiegelt wurde diese politische und religiöse Haltung schließlich durch das Scheitern der Bauernheere im Bauernkrieg im Frühjahr 1525. Obwohl die Mainzer Universität zu Beginn des 16. Jahrhunderts noch Humanisten anzog, wurde diese Entwicklung mit dem Abschluss der Reformationsbewegung in Mainz beendet, ebenso wie die wirtschaftlich stabile Phase der Hochschule. Albrecht von Brandenburg unternahm in den Jahren 1523, 1535 und 1541 mehrfach Reformversuche, konnte jedoch die finanzielle Situation der Universität nicht entscheidend verbessern.

Der erste Anknüpfungspunkt zwischen der Mainzer Universität und den Jesuiten entstand durch Pierre Favre (dt. Peter Faber, 1506-1546), einen Mitbegründer des Ordens, der bereits 1543 Vorlesungen in Mainz hielt. Nach längeren Verhandlungen wurde schließlich am 9. Dezember 1561 das Mainzer Jesuitenkolleg eröffnet. Bereits 1563 begannen Jesuiten, Vorlesungen in Philosophie an der Universität zu halten. In der endgültigen Gründungsurkunde des Kollegs, die am 7. September 1568 vom Erzbischof unterzeichnet wurde, ist sowohl die Übergabe der Burse „Zum Algesheimer“ als auch die Zuweisung des Barfüßerklosters als Wohnhaus für die Jesuiten festgeschrieben. Zudem wurde das Kolleg als vollwertiges Glied der Universität anerkannt und erhielt die Befugnis, Promotionen in Theologie und Philosophie zu verleihen. Das Kolleg entwickelte sich rasch zu einem Anziehungspunkt, sodass bis 1590 bereits rund 800 Studenten dort eingeschrieben waren. Die Gründung und Etablierung des Jesuitenordens in Mainz trug wesentlich dazu bei, den Einfluss der Universität im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wieder deutlich über die Stadtgrenzen hinaus zu stärken. Zugleich veränderte sich die inhaltliche Ausrichtung: Die zuvor vom Humanismus geprägten Tendenzen traten zurück, während der kirchlich-theologische Charakter der Universität erneut in den Vordergrund rückte.  

Durch die stetig wachsenden Studentenzahlen wurde eine bauliche Erweiterung der Universität notwendig. Zwischen 1615 und 1618 entstand daher unter Kurfürst Johann Schweikardt von Kronberg (1553-1626) die sogenannte Domus universitatis, ein vierstöckiger Renaissance-Bau, der die Philosophische und Theologische Fakultät sowie das Jesuitengymnasium beherbergte. 

Das Gebäude am „Höfchen“ wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, jedoch anschließend 1952 wiederaufgebaut – zunächst allerdings nur mit einem der markanten Dachreiter, die bereits 1793 bei der Beschießung der von den Franzosen besetzten Stadt einem Brand zum Opfer gefallen waren. Erst im Zuge einer Dachsanierung im Jahr 2005 erhielt der Bau wieder zwei Dachreiter. Nach dem Brand von 1793 und der darauffolgenden Instandsetzung wurde die Domus universitatis zunächst als Kaserne genutzt, bevor sie ab 1889 als Schul- und Verwaltungsgebäude diente. Heute beherbergt sie das Institut für Europäische Geschichte (IEG) sowie das Journalistische Seminar der Johannes Gutenberg-Universität. 

Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) und die Besetzung von Mainz durch schwedische Truppen führten zu erheblichen Einbrüchen bei der Zahl der Studierenden. Nach dem Abzug der Schweden im Jahr 1636 zeigten sich die Verwüstungen besonders deutlich: Es mangelte an Lebensmitteln, viele Bürger konnten keine Steuern mehr entrichten, zahlreiche Häuser waren beschädigt und der schwedische König Gustav II. Adolf (1594-1632) ließ einen Großteil der Mainzer Universitätsbibliothek von seinen Truppen nach Schweden abtransportieren. Diese Situation wirkte sich stark auf die weitere Entwicklung der Universität aus. Erst allmählich konnte sich die Universität wieder erholen. Zwischen 1689 und 1720 bewegte sich die Zahl der Promotionen zum Magister artium noch zwischen 20 und 30 Personen. Zwar bemühten sich insbesondere Kurfürst Johann Philipp von Schönborn (1605-1673) und Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (1655-1719), die Entwicklung der Mainzer Universität zu beeinflussen, doch konnten sie keine grundlegende Kehrtwendung bewirken. Erst unter Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein (1689-1763) stieg die Studierendenzahl um 1746 für etwa ein Jahrzehnt wieder an. Bald darauf widmete sich der Kurfürst jedoch anderen Projekten, wobei für ihn die Universität in Erfurt Vorrang hatte.

Nach der Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. (1705-1774) am 21. Juli 1773 wurde auch das Mainzer Kolleg am 6. September desselben Jahres aufgelöst, was eine umfassende Reform erforderlich machte. Unter Erzbischof Friedrich Karl Joseph von Erthal (1719-1802) gelang in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine erfolgreiche Reform der Universität, die ihr eine kurze Blütezeit bescherte. Die geplanten Maßnahmen wurden 1784 unter der Leitung von Anselm Franz von Bentzel-Sternau (1738-1786) umgesetzt, der zunächst als Hofkanzler und später als Kurator an der Universität tätig war und die Reorganisation vorantrieb. Es war auch Betzels Verdienst, dass die Universität nicht nur durch eine größere Fächerauswahl neue Studierende gewinnen konnte, sondern sich auch einer größeren Toleranz öffnete: Erstmals wurden nun Protestanten und Juden als Studierende zugelassen. Gleichzeitig verschaffte die Reform der Hochschule wirtschaftliche Sicherheit durch die Einrichtung des Mainzer Universitätsfonds.  

Durch die Anwesenheit zahlreicher französischer Adliger, die die Mainzer Universität besuchten, verbreiteten sich auch die Ideen der Französischen Revolution schnell in der Stadt. Diese hinterließ ihre Spuren und führte dazu, dass der Lehrbetrieb bis 1823 eingestellt wurde. Bereits 1792 eroberte die französische Armee Mainz, und unter der Besatzung wurden jegliche Fördermaßnahmen für die Universität eingestellt. Formal wurde die Universität am 28. April 1798 durch ein Dekret aufgehoben, wobei jedoch keine aktiven Maßnahmen zur Umsetzung ergriffen wurden. Der Universitätsfonds sowie das 1784 gegründete Mainzer „Accouchement“ – eine Hebammenlehranstalt – bestanden jedoch bis 1946 fort. Ebenso die Mainzer Theologenschulen hielten den ursprünglichen Geist der Universitätsidee im 19. Jahrhundert aufrecht. Ausschlaggebend für diesen Auflösungsprozess war nach dem Abzug der Franzosen und der territorialen Neuordnung auf dem Wiener Kongress 1816, dass die neu geschaffene Provinz Rheinhessen dem Großherzogtum Hessen zugeordnet wurde. Dies hatte zur Folge, dass nur sehr begrenzte Finanzmittel zur Verfügung standen, sodass neben der Landesuniversität in Gießen keine weitere Universität im damals stark zerstörten Mainz eingerichtet werden konnte. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg, am 22. Mai 1946, wurde die nun „Johannes Gutenberg-Universität Mainz“ genannte Hochschule auf Initiative der französischen Militärregierung feierlich wiedereröffnet. Sie war damit zunächst die einzige Universität im neu gegründeten Bundesland Rheinland-Pfalz. Von einer Wiedereröffnung sprach man nicht ohne Grund: Die junge JGU knüpfte bewusst an die Traditionen der alten Mainzer Universität an. So wurde der 1781 gegründete Universitätsfonds, der einst die historische Hochschule finanzierte, übernommen und unterstützt bis heute Forschung und Lehre. Auch das Mainzer Priesterseminar spielte eine zentrale Rolle. Seine Professoren waren 1946 die Triebfeder der neuen Katholisch-Theologischen Fakultät. Zudem wurde 1950 auch die bereits 1784 gegründete Hebammen-Lehranstalt in die Universität eingegliedert. Als Standort wählte man die erst kurz zuvor erbaute Flakkaserne in Bretzenheim. Das Gebäude hatte den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden, war jedoch stark ausgeplündert, sodass vor dem Einzug der neuen Universität umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen nötig wurden. Bis Mai 1946 gelang es, das Gebäude für den Lehrbetrieb herzurichten. Ebenso erfolgreich verlief der erste Semesterstart: Rund 100 Professoren konnten berufen werden, und mehr als 2.000 Studierende nahmen ihr Studium auf. Im Jahr 2025 zählt die JGU rund 30.000 Studierende aus 120 Nationen und gehört damit zu den größten und vielfältigsten Universitäten Deutschlands. Etwa 4.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter 519 Professorinnen und Professoren, forschen und lehren an der Universität. Mit 76 Studieneinrichtungen und 298 Studiengängen bietet die JGU ein breites Spektrum und fördert so eine interdisziplinäre Forschung und Lehre. 

Bis Ende der 1950er-Jahre war die JGU noch klar von der Struktur der ehemaligen Kaserne geprägt. Neue Gebäude entstanden vor allem als Anbauten an die alten Werkstätten und Garagen zwischen Welder- und Becherweg – der Campus endete zunächst am heutigen Staudingerweg. Mit der Angliederung des ehemaligen Stadtkrankenhauses als Universitätsklinik 1950 verteilte sich die Universität erstmals auf zwei Standorte. 

Die stetig wachsende Studierendenzahl machte jedoch bald einen Ausbau des Campus erforderlich. Erst mit den Neubauten des alten Rewi-Gebäudes, der Zentralbibliothek, des Philosophicums und des Naturwissenschaftlichen Instituts in den 1960er-Jahren begann die Universität, die engen Grenzen der Kasernenbebauung hinter sich zu lassen. In den folgenden Jahrzehnten wuchs der Campus kontinuierlich nach Westen.  

Besonders bemerkenswert ist der heutige Campus durch seine Lage und Struktur: Er ist der einzige Universitätscampus seiner Größe in Deutschland, auf dem nahezu alle Einrichtungen der Universität zentral gebündelt und dennoch in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum angesiedelt sind.  Darüber hinaus befinden sich vier renommierte Partnerinstitutionen auf dem Campusgelände: das Max-Planck-Institut für Chemie, das Max-Planck-Institut für Polymerforschung, das Helmholtz-Institut Mainz sowie das Institut für Molekularbiologie. In direkter Nachbarschaft liegen zudem der Campus der Universitätsmedizin sowie zwei Einrichtungen der Mainzer Leibniz-Gemeinschaft, was den Standort zu einem einzigartigen Wissenschafts- und Forschungszentrum macht.